Tierversuche in der Medikamentenentwicklung

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Wenn Unternehmen wie Bayer neue Medikamente entwickeln, sind Tierversuche sowohl aus wissenschaftlichen Gründen notwendig als auch gesetzlich vorgeschrieben. Die innovativen Medizinprodukte, die durch Forschung an Tieren entwickelt werden, tragen dazu bei, das Leben von Patienten in aller Welt zu verbessern.

Behandlung von Knochenmetastasen

 

Was sind Knochenmetastasen?

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Knochenmetastasen bilden sich, wenn Zellen des ursprünglichen Primärtumors diesen verlassen und sich im Knochen niederlassen und dort Tochtergeschwüre, sogenannte Metastasen, bilden. Diese Knochenmetastasen verursachen starke Schmerzen und Morbidität.1 Knochen sind das dritthäufigste von Metastasierung betroffene Organ.2 Vor allem Tumorzellen, die aus Prostata- oder Brusttumoren stammen, können Knochenmetastasen ausbilden.3.

 

Prostatakrebs ist die weltweit zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern und war 2010 verantwortlich für über 250.000 Todesfälle4. Kastrationsresistenter Prostatakrebs (CRPC) zeichnet sich durch ein fortgesetztes Tumorwachstum trotz Hormontherapie aus. Bei mehr als 84 Prozent aller Männer, bei denen CRPC diagnostiziert wird, entwickeln sich im weiteren Verlauf auch Knochenmetastasen.

 

Brustkrebs ist die weltweit häufigste Krebserkrankung bei Frauen mit annähernd 1,7 Millionen neuen Diagnosen weltweit in 2012. Obwohl die Anzahl der Brustkrebs-vermittelten Todesfälle abnimmt, sind metastasierte Formen im Allgemeinen nicht heilbar.5 Bei 5 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen haben sich zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Metastasen gebildet, wobei bei 70 Prozent Metastasen im Knochen vorliegen.6

 

Welche Rolle haben Tierversuche bei der Entwicklung gespielt?

Bayers Alphateilchen freisetzendes radioaktives Arzneimittel wurde 2013 zur Behandlung von CRPC Patienten, die an Knochenmetastasen leiden, zugelassen. Um zu testen, ob dieses Arzneimittel auch zur Behandlung von Knochenmetastasen verwendet werden kann, die von Brusttumoren abstammen, haben die Forscher von Bayer zusammen mit ihren Partnern, wie in der Krebsforschung üblich, Nagetiere – vor allem Mäuse – eingesetzt, um die tumorbekämpfende Wirkung des Präparats in einem Modell für metastasierte Brusttumoren zu testen.

 

In jeder Studie gab es eine Kontrollgruppe aus Tieren, die nicht mit dem Präparat behandelt wurde, und Prüfgruppen, die unterschiedliche Dosierungen des Mittels erhielten. In der hier beschriebenen Studie, bestand jede Gruppe aus sieben Mäusen. Diese Anzahl war durch statistischen Verfahren bestimmt, um aussagekräftige Resultate sicherzustellen.

 

Nach der Zusammenstellung der Gruppen wurden den Mäusen isolierte Tumorzellen implantiert, um die Bildung von Knochenmetastasen herbeizuführen. Danach hielten die Forscher die Mäuse über mehrere Wochen unter intensiver Beobachtung, um den Verlauf der Erkrankung, die Verträglichkeit des Präparats und das allgemeine Wohlbefinden der Mäuse zu beobachten.

 

Am Ende der Studie zu einem vorab festgelegten Zeitpunkt wurden alle in der Studie eingesetzten Mäuse eingeschläfert. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben. Jedem Tier wurden Proben entnommen, um Fragen zur Wirkung des Medikaments auf den Tumor und die Nebenwirkungen auf die gesunden Organe zu beantworten. Klinische Studien an Menschen fanden erst statt, nachdem bewiesen war, dass das Medikament bei Gabe einer wirkungsvollen Dosis in akzeptablem Maße verträglich war.

Ergebnis und Ausblick

Die hier beschriebene Tierversuchsreihe zeigte, dass das Alphateilchen freisetzende radioaktive Arzneimittel auf die von Brusttumoren stammenden Knochenmetastasen einwirken und deren Wachstum hemmen kann. Außerdem hat es das Wohlbefinden der behandelten Mäuse im Vergleich zu den unbehandelten Tieren merklich verbessert.

Thrombose­therapie

 

Was ist eine Thrombose?

Eine Thrombose ist eine ernste und oft lebensbedrohliche Komplikation im Bereich der Herzkranzgefäß-Erkrankungen, bei der erhöhte Blutplättchen- und Blutgerinnungswerte zur Bildung von Blutgerinnseln führen, die Adern verstopfen können. Der gerinnungshemmende Wirkstoff von Bayer verhindert erwiesenermaßen solche thrombotischen und thromboembolischen Ereignisse. Er ist heute in über 130 Ländern bei einer Vielzahl venöser und arterieller Indikationen mit thromboembolischem Bezug zur Behandlung zugelassen.

 

Welche Rolle haben Tierversuche bei der Entwicklung gespielt?

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Das Forscherteam wollte mit dem Gerinnungshemmer ein Medikament zur Thrombosetherapie entwickeln, das oral eingenommen werden konnte. Der effektivste Wirkstoff konnte allerdings nicht über den Darm der Versuchstiere aufgenommen werden. Durch chemische Optimierung wurde jedoch deutlich, dass der Wirkstoff sich so modifizieren ließ, dass eine Aufnahme über den Darm möglich war. Die Tests zur Optimierung des Wirkstoffs wurden unter anderem an Tieren durchgeführt.

 

Im Zuge der Tierversuche führten die Wissenschaftler bei narkotisierten Mäusen und Ratten Arterien- und Venenthrombosen herbei. Die Auswahl der am besten geeigneten Tierarten beruhte auf Reagenzglas-Versuchen, bei denen das Gerinnungsverhalten von menschlichem und tierischem Blut verglichen wurde. Um die Zahl der Versuchstiere zu begrenzen, entwickelten die Forscher eine am lebenden Tier einsetzbare Lasermikroskopie-Technik, die es ihnen ermöglichte, ein Blutgefäß des gleichen Tieres sowohl für die Behandlung als auch für das Kontrollverfahren im Rahmen der gleichen Studie einzusetzen. Diese Vorgehensweise trug dazu bei, dass die für diese Studien erforderliche Anzahl an Tieren um mehr als 50 Prozent gesenkt werden konnte.

Ergebnis und Ausblick

Der Gerinnungshemmer reduzierte die Größe sowohl von arteriellen als auch von venösen Thromboen. Im Jahr 2008 wurde er in der EU zur Vorsorge gegen venösen Thromboembolismus (VTE) bei Erwachsenen nach Eingriffen zum Einsatz von Knie- bzw. Hüftprothesen zugelassen. Es folgte die Zulassung dieser Thrombosetherapie für viele weitere Indikationen, und derzeit wird sie für den Einsatz bei weiteren Herzkreislauferkrankungen getestet, etwa zur Prävention schwerer Herzkomplikationen.

Quellen

 

1   Guise, Seminars in Oncology, Vol. 37, Supplement 2, 2010, p.2-14
2   Vigorita, Vincent (2007). Orthopaedic Pathology. Lippincott Williams & Wilkins. p. 527
3   Guise, Seminars in Oncology, Vol. 37, Supplement 2, 2010, p.2-14
4   Lozano et al., Lancet 2012 Dec 15;380(9859):2095-128
5   Hussein et al., J Cell Commun Signal. 2011 Jun; 5(2): 85–99
6   Hussein et al., J Cell Commun Signal. 2011 Jun; 5(2): 85–99