AAV-basierte Therapeutika – Bekämpfung genetischer Krankheiten an Ihrem Ursprung
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Neue Technologien auf dem Gebiet der Zell- und Gentherapie haben das Potenzial, genetische Defekte an ihrem Ursprung zu behandeln, sodass es möglich ist, nicht nur Symptome zu lindern, sondern Krankheiten zu heilen. Adeno-assoziierte Viren (AAV) können als Träger verwendet werden, um gesunde Gene in menschliche Zellen einzuschleusen und Patienten, die an derzeit unheilbaren Krankheiten leiden, neue Hoffnung zu geben.
Die Anfänge der Gentherapie: 30 Jahre der Hoffnung
Lange Zeit galten die meisten genetischen Krankheiten als unbehandelbar. Viele von ihnen werden durch fehlerhafte Gene verursacht, die in fast jeder Zelle des Körpers vorhanden sind, was eine Heilung mit herkömmlichen Arzneimitteln nahezu unmöglich macht. Für Patienten mit genetischen Störungen bedeutete dies, dass sich die Behandlung auf die Linderung der Symptome beschränkte, die mit ihrer Erkrankung einhergingen.
Seit Jahrzehnten arbeiten Wissenschaftler daran, einen Weg zu finden, die Ursachen dieser Krankheiten zu bekämpfen. 1972 haben die amerikanischen Wissenschaftler Friedmann und Roblin vorgeschlagen, dass „die Gentherapie in Zukunft einige genetisch bedingte Krankheiten des Menschen lindern könnte“. Dennoch dauerte es mehr als dreißig Jahre, bis die Gentherapie erstmals für den klinischen Einsatz beim Menschen zugelassen wurde.
Viren als Transportmittel: Lösung der Herausforderung, gesunde Gene in den Körper einzuschleusen
Die Gentherapie zielt darauf ab, eine Krankheit zu behandeln, indem eine gesunde Kopie eines Gens in die Zellen eines Patienten eingebracht wird. Auf diese Weise erhalten die Zellen, denen die richtigen Anweisungen für ihre Arbeit fehlen, die Werkzeuge, die es ihnen ermöglichen, ihre Funktion wiederherzustellen. In der Praxis war der Verabreichungsmechanismus jedoch immer ein großes Hindernis bei der Entwicklung von Gentherapien: Gene können nicht einfach direkt in den Körper eingebracht werden. Damit die Gene die Zellen erreichen, die sie reparieren sollen, wird ein Träger – ein sogenannter Vektor – benötigt.
Die vielversprechendsten Träger von Genen für die Gentherapie sind – und das mag überraschend klingen – Viren. Aber in der Tat ist es das, was Viren am besten können, nämlich genetisches Material in Zellen zu transportieren. Doch Virus ist nicht gleich Virus: Adeno-assoziierte Viren (AAV) sind besonders geeignet, um gesunde Gene an die Zellen zu bringen, die sie benötigen. Im Gegensatz zu anderen Viren sind AAVs nicht dafür bekannt, dass sie beim Menschen Krankheiten auslösen, und sie replizieren sich nicht von selbst, was sie zu den perfekten Einweg-Transportern für die Übertragung von Geninhalten macht. Für die Gentherapie wird die virale DNA entfernt und nur die Proteinhülle, das Kapsid, dieser nicht-pathogenen Viren verwendet.
Je nachdem, welche Zellen angesprochen werden sollen, können verschiedene AAV-Typen (Serotypen) verwendet werden, die entweder natürlich vorkommen oder nachgebildet werden. Einige Serotypen greifen zum Beispiel Leberzellen an, während andere in Netzhaut- oder Muskelzellen eindringen. Dies ermöglicht eine gezielte Therapie.
Die AAV-Kapsiden werden dann mit dem funktionierenden Gen und einem Promotor gefüllt. Ein Promotor ist eine kurze DNA-Sequenz, die als „Schalter“ fungiert und dem Gen mitteilt, wann und wo es den Prozess, der zur Synthese eines Proteins führt, in Gang setzen soll, und wie viel von einem Protein benötigt wird, damit die Zelle richtig funktioniert.
Promotoren können künstlich geschaffen werden, um die Aktivität eines Gens besonders gezielt zu steuern: Man spricht dann von synthetischen Promotoren. Die Aufgabe synthetischer Promotoren besteht darin, die Genaktivierung präzise zu steuern, sodass bestimmte genetische Bahnen in bestimmten Körperzellen gezielt gesteuert werden können, um bestimmte Krankheiten zu behandeln.
Sobald diese AAV-Kapsiden mit den Genen gefüllt sind, können sie in den Körper eines Patienten injiziert werden. Von dort aus machen sie sich auf den Weg zu den gewünschten Zellen und beginnen mit der Produktion der fehlenden Proteine.
Das „Unbehandelbare“ behandeln
Die Auswirkungen auf die Situation eines Patienten können enorm sein. Wenn die Gene einmal in den Zellen sind, bleiben sie dort oft jahrelang. Und da die Zellen dann so funktionieren, wie sie sollten, kann die Krankheit während dieser Zeit praktisch nicht auftreten.
AAV-basierte Gentherapien haben sich als vielversprechend erwiesen, wenn es darum geht, die Blutgerinnung bei Menschen mit Hämophilie wiederherzustellen, die Sehkraft bei Patienten mit Leberscher kongenitaler Amaurose (einer seltenen Form der vererbten Blindheit) zu verbessern und das Fortschreiten der spinalen Muskelatrophie bei Säuglingen zu stoppen, womit sie echte bahnbrechende Innovationen für Patienten darstellen.
Und die Entwicklung der AAV-Technologie steht erst am Anfang. Im Jahr 2019 veröffentlichte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA einen Bericht, in dem sie prognostizierte, dass bis 2025 jährlich 10 bis 20 neue Zell- und Genprodukte zugelassen werden, die den Patienten, die derzeit noch an „unheilbaren“ Krankheiten leiden, Hoffnung geben.