CRISPR-Cas

Moderne Pflanzenzüchtung im Bio-Anbau

Two people talking

Ökolandbau und moderne Pflanzenzüchtung – das muss kein Widerspruch sein. Für das Ehepaar Pamela Ronald und Raoul Adamchak aus dem US-Bundesstaat Kalifornien gehört beides zum Alltag dazu. Sie ist Wissenschaftlerin, er ist Bio-Landwirt.

Die Sonne scheint viel und oft in Davis, Kalifornien. Und häufig mitten ins Gesicht – da hilft auch der Strohhut nicht, den Raoul Adamchak so gerne trägt. Er ist Idealist und glaubt lieber an Lösungen als an Probleme. Manchmal nimmt er Dinge auch einfach gelassen. Zum Beispiel wenn Schädlinge schon wieder seine Pflanzen angefressen haben.

 

Der Biobauer steht auf dem Feld, kneift die Augen zusammen und hält die Wurzeln ins Licht. Da ist nicht viel übrig. Die Früchte werden mickrig bleiben oder sie wachsen erst gar nicht. In Davis kann man problemlos Nahrungsmittel kaufen, auch wenn die Ernte ausfällt. In vielen Teilen der Welt ist dies nicht der Fall. Bleibt dort die Ernte aus, dann haben Landwirte und ihre Familien nichts zu essen.

 

Pamela Ronald arbeitet wie Adamchak an der University of California Davis, einer der renommiertesten und größten Agrar-Universitäten der Welt. Trotzdem sind die beiden ein ungewöhnliches Paar. Er ist Biobauer und unterrichtet Studenten auf der Universitätsfarm in ökologischer Landwirtschaft. Sie ist Pflanzengenetikerin und arbeitet im Labor.

 

In der Vergangenheit hat Ronald gemeinsam mit Kollegen u. a. Reis entwickelt, der nicht eingeht, wenn er längere Zeit unter Wasser steht. Dabei machten sie sich die Überschwemmungstoleranz einer uralten indischen Landsorte sowie die Methoden der Präzisionszüchtung zunutze. Er wird heute in Bangladesch und Indien angebaut, damit Menschen trotz Überflutungen zu essen haben.

Ein Mann mit Hut und eine Frau mit Hut.
Die meisten Menschen wollen sich gesund ernähren, wobei die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt so gering wie möglich bleiben sollen.
Raoul Adamchak
,
Bio-Landwirt in Kalifornien, USA

Von Biobauern wie Adamchak erwarten Leute, dass sie gegen Veränderungen des Erbguts oder Genome-Editing sind. Biolandbau und im Labor gezüchtete Pflanzen – das gilt im Allgemeinen als Widerspruch. Adamchak findet aber die Forschung seiner Frau gut – auch wenn er Sorten, die mit Hilfe der Gentechnik entstehen, als Biobauer nicht anpflanzen darf. So lauten die Regeln des National Organic Program (NOP), dem Bio-Standard des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten (USDA).

 

Der Einsatz genetisch verbesserter Kulturen in der nachhaltigen Landwirtschaft wird ein wichtiger Beitrag sein, um die wachsende Weltbevölkerung in einer ökologisch ausgewogenen Art und Weise zu ernähren, sagen Adamchak und seine Frau. Ohnehin sind alle Nutzpflanzen auf irgendeine Weise genetisch verändert, so Ronald. „Alles, was wir zum Frühstück, zu Mittag und zu Abend essen, wurde vom Menschen in irgendeiner Art und Weise genetisch verändert. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, solche Veränderungen vorzunehmen. Zum Beispiel Gentechnik und CRISPR-Cas.“

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Mit Hilfe der Genschere CRISPR-Cas (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) können Forscher DNA-Doppelstränge punktgenau verändern. Dieser neue Ansatz wird oft „Genome Editing“ genannt. Anders als bei herkömmlichen Verfahren der Gentechnik können Forscher mit CRISPR sehr präzise Änderungen an bestimmten Stellen der Genome vornehmen. Pflanzen bekommen so gezielt neue Eigenschaften. Sie bleiben zum Beispiel länger frisch oder produzieren mehr Früchte. Das Verfahren bietet auch neue Möglichkeiten gegen AIDS, Krebs und bestimmte Erbkrankheiten.

Manchmal sind Auseinandersetzungen über Gentechnik emotional. Adamchak kann das nachvollziehen. „Die meisten Menschen wollen sich gesund ernähren, wobei die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt so gering wie möglich bleiben sollen“, sagt er. Aber die Leute wüssten einfach zu wenig über Genetik und Pflanzenzüchtung. „Deshalb reagieren sie leicht auf Panikmache.“

 

Um Verbrauchern zu helfen, sich mit der Landwirtschaft vertraut zu machen, haben Adamchak und seine Frau ein Buch geschrieben: Tomorrow's Table: Organic Farming, Genetics, and the Future of Food.

 

Adamchak wünscht sich, dass sich viele Dinge ändern: „Konventionelle Bauern sollten ihre Fruchtfolge abwechslungsreicher gestalten, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, biologische Produkte in ihre Sprühpläne miteinbeziehen und Einrichtungen schaffen, um nützlichen Insekten zu helfen – und sie sollten landwirtschaftliche Arbeitsweisen anwenden, die den Nährstoffverlust minimieren.“ Aber auch Biolandwirte bräuchten Zugang zu verbesserten Saatguttechnologien, die helfen, Ernteverluste zu reduzieren und so die Erträge zu steigern. Warum kämpfen Adamchak und Ronald so für ihre Ziele? Adamchak: „Eben weil wir beide Idealisten sind.“

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