Interview mit Philip Nellessen

"Es fühlt sich gut an zu helfen"

A man sitting in the driver's seat of a blue van.

Philip Nellessen, IT-Experte bei Bayer in Leverkusen, ist in der Flüchtlingshilfe aktiv. Über sein Engagement, das auch von der Bayer Cares Foundation gefördert wird, berichtet er im Interview mit dem Bayer Magazin.

In Deutschland kommen kaum noch Flüchtlinge an. Gibt es in der Flüchtlingshilfe nicht mehr so viel zu tun?
Philip Nellessen: Doch, es gibt noch sehr viel zu tun. Aber das Problem hat sich verlagert: Das Elend findet jetzt an den Grenzen der EU statt. Durch das Abkommen mit der Türkei sind die Grenzen dichter. Die Menschen kommen nicht mehr bei uns in Deutschland an. Die Lager in Calais und Dünkirchen waren schlimm. Aber was jetzt in der Türkei und auch in den Auffanglagern auf den griechischen Inseln passiert, ist nochmal eine Spur härter. Das ist wie eine Parallelwelt – und es ist so weit weg von der Öffentlichkeit, dass es hier kaum einer mitbekommt.

 

Wie ist die Situation in den Flüchtlingslagern?
Die Situation ist katastrophal. Tausende Menschen hausen in Zelten im Dreck. Familien mit kleinen Kindern, Kinder ohne Eltern. Es gibt nicht genug zu essen, es fehlt an Nahrung, Kleidung, warmen Decken, Toiletten, Wasser – und vor allem auch an Medikamenten. Die Menschen harren aus, ohne Perspektive. Zum Teil jahrelang. Und jetzt im Winter wird es auch auf den griechischen Inseln bitterkalt und stürmisch.

Das ist wie eine Parallelwelt – und es ist so weit weg von der Öffentlichkeit, dass es hier kaum einer mitbekommt.
Philip Nellessen
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SAP für Umweltschutz und Sicherheit

Wie kann man den Flüchtlingen helfen?
Auch das hat sich etwas verlagert. Früher war es eine große Hilfe, wenn Lebensmittel oder Möbel gespendet wurden. Jetzt aber sind die Flüchtlinge weit weg. Wenn wir Lebensmittel an die EU-Außengrenzen fahren, ist das teurer als vor Ort Nahrung zu kaufen. Deshalb ist es wichtiger geworden, Geld zu spenden, damit wir Essen dort kaufen können. Aber da liegt auch ein bisschen das Problem. Es fällt vielen Menschen leichter, Sachen zu spenden als Geld. Das ist auch nachvollziehbar – weil Geld spenden ein großes Vertrauen voraussetzt.

 

Bei welchen Organisationen sind Spenden gut aufgehoben?
Natürlich leisten große Organisationen wie Sea-Watch oder auch Ärzte ohne Grenzen sehr gute Arbeit. Wir haben in Köln aber auch eine großartige kleine Organisation namens Refugees Foundation, über die sich auch Bayer-Mitarbeiter engagieren. Meine Kollegin Daniela Neuendorf organisiert Konvois und ist immer wieder als humanitäre Helferin unterwegs. Zuletzt war sie im Lager auf Samos. Wie andere im Team opfert sie ihren Urlaub. Sie zahlt ihren Flug privat und auch ihre Unterkunft, um dort zu helfen und Medikamente und andere wichtige Spenden zu überbringen. Sie macht das immer wieder. Weil sie gesehen hat, wie groß die Not ist, weil sie miterlebt hat, wie Kinder sterben. Bei Fragen zur Organisation stehen wir aus dem Team auch immer gerne Rede und Antwort.

 

Was ist ihre persönliche Motivation, anderen Menschen zu helfen?
Es ist unglaublich leicht zu meckern. Besser ist es, sich zu fragen: Was kann ich machen, damit es besser wird, Verantwortung zu übernehmen für unsere Gesellschaft. Ich bin der Meinung, jeder kann da etwas tun. Entweder mit etwas Zeit oder mit Geldspenden. Es muss auch nicht in der Flüchtlingsarbeit sein. Auch am Kältebus brauchen Menschen Hilfe, Obdachlose ein warmes Essen, Tafeln Unterstützung. Es ist heute über Social Media sehr einfach, sich zu organisieren. Anderen zu helfen fühlt sich einfach gut an.

Bayer unterstützt Role Models

Über das Ehrenamts-Programm der Bayer Cares Foundation hat Philip Nellessen für einen Konvoi der Refugees Foundation in die Türkei im Jahr 2018 einen Zuschuss von 5.000 Euro bekommen. Die Organisation lieferte mit dem Konvoi Kleidung, Lebensmittel und Medikamente, um die Not ein wenig zu lindern.

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