Sehbehinderte findet Brustkrebs früher
Sakshi Dalmia ist sehbehindert und medizinisch-taktile Untersucherin (MTU) bei „discovering hands“. Ihre Arbeit dient der Früherkennung von Brustkrebs und kann die Überlebenschancen von Betroffenen erhöhen. Die Bayer Stiftung unterstützt das Projekt.
Sie kann nicht sehen. Sakshi Dalmia ist sehbehindert. Aber sie hat ein überragendes Fingerspitzengefühl. Millimeter für Millimeter untersucht sie die Brust einer Patientin entlang eines speziell entwickelten Orientierungsstreifens. Dabei tastet sie, was für andere im Verborgenen bleibt. Sie findet Knoten in sehr frühen Stadien – das erhöht die Überlebenschancen von Patientinnen.
Heilungschancen bei Brustkrebs verbessern
„Je früher ein Tumor in der Brust entdeckt wird, desto besser kann er heilend behandelt werden.“ Das hatte der deutsche Gynäkologe Dr. Frank Hoffmann im Kopf, als er vor etwa zehn Jahren die gemeinnützige Organisation „discovering hands“ gründete.
Hoffmann hatte das Gefühl, ihm fehlten für eine wirklich gute Vorsorgeuntersuchung im Praxisalltag zwei Dinge: das nötige Gespür in den Fingern und die Zeit. Da kam ihm die Idee, blinde und sehbehinderte Frauen wie Sakshi Dalmia zu Tasterinnen auszubilden.
„discovering hands“ ergänzt Früherkennung von Brustkrebs
In Deutschland ergänzt discovering hands seit etwa zehn Jahren die Brustkrebsfrüherkennung. Jetzt wurde das Projekt mit Unterstützung der Bayer Stiftung unter anderem auf Indien ausgedehnt.
Warum unterstützt Bayer „discovering hands“ in Indien?
Suhas Joshi, Head, Corporate Social Responsibility, South Asia:
„In Indien steigt die Zahl der Brustkrebs-Fälle bei 30- bis 40-jährigen Frauen – für diese Altersgruppen gab es bisher keine zuverlässige Untersuchungsmethode. Eine Mammographie ist eine wirksame Methode zur Brustuntersuchung, aber in Indien nur für Frauen über 45 Jahre empfohlen. discovering hands schließt die Lücke.
Außerdem möchten wir das Gesundheitsbewusstsein von Frauen stärken. Sie sollen zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, damit mögliche Erkrankungen frühzeitig erkannt werden. Wir freuen uns, mit solchen Initiativen einen Beitrag zur Verbesserung des Lebens leisten zu können.“
Wer zu Sakshi Dalmia ins CK Birla Hospital in Gurgaon, Indien, kommt, hat in der Regel noch keine Beschwerden oder Anzeichen und hofft, dass alles in Ordnung ist – oder dass die MTU Veränderungen in einem sehr frühen Stadium entdeckt.
Sehbehinderte ertasten 0,5 Zentimeter – Ärzte ein bis zwei Zentimeter
Die Chancen dafür stehen sehr gut. Die Untersuchung dauert etwa 40 Minuten. Die kleinsten Knoten, die sie und andere MTUs finden, sind 0,5 Zentimeter groß – oder besser gesagt: klein. Ärzte entdecken solche Veränderungen bei Tastuntersuchungen eher nicht, sagt Hoffmann. „Sie finden erst ein bis zwei Zentimeter große Tumore.“
Wie zuverlässig sind die Befunde der Tasterinnen?
Sieben indische MTUs haben von Oktober 2018 bis Oktober 2019 mehr als 500 Screenings durchgeführt. Bei 57 Frauen stellten sie Auffälligkeiten fest. Weitere Untersuchungen bestätigten alle 57 Befunde.
Ob das, was sie ertastet, gut- oder bösartig ist, darf Sakshi Dalmia den Frauen nicht sagen. Die abschließende Diagnose auf der Basis des von der MTU erhobenen Befundes mitzuteilen ist Aufgabe der Ärzte.
Dass Sakshi Dalmia einmal im Krankenhaus mit Ärzten zusammenarbeiten könnte, hätte sie früher nicht gedacht. Sie war Mitte 20, als eine Augenerkrankung ihr Leben für immer veränderte. Ihre Augen wurden immer schlechter, bis sie mit 27 komplett erblindet war – und die Ausbildung für ihren Traumjob im Handel aufgeben musste.
Job als Untersucherin sichert Existenz
Sie hörte von „discovering hands“ und bewarb sich für einen Ausbildungsplatz zur MTU. Seit August 2018 untersucht sie als fertig ausgebildete medizinisch-taktile Untersucherin Patientinnen. Der Job ist auch für Sakshi Dalmias Leben wichtig. Er sichert ihre Existenz.