Herausforderung Klimawandel

Ein extremes Jahr 2020 – für Klima, Lebensmittel und Landwirtschaft

A dark cloud is seen over a dirt road.

In den letzten Monaten ist der Klimawandel in der öffentlichen Debatte und in vielen Köpfen in den Hintergrund gerückt. Dabei zeigt der Umgang mit der Pandemie, dass wir auch anderen globalen Herausforderungen mit gemeinsamen Lösungen begegnen müssen – und auf Wissenschaft und Innovationen angewiesen sind. Landwirte und Wissenschaftler arbeiten zusammen, damit sich landwirtschaftliche Betriebe den Auswirkungen von Klimawandel und Wetterextremen anpassen und unsere Lebensmittelversorgung sicherstellen können.

 

Hamsterkäufe und leere Supermarktregale einerseits, volle Containerhäfen und eingebrochener Handel andererseits: COVID-19 stellt unsere Versorgung mit Lebensmitteln auf den Prüfstand. Dabei dürfen wir eine andere Herausforderung nicht aus den Augen verlieren: den Klimawandel und seine Folgen für die Landwirtschaft. Bereits heute ist es weltweit durchschnittlich etwa 1 Grad wärmer als vor der Industrialisierung.1 Die Veränderung des Klimas führt dazu, dass sich Wetterextreme wie Dürren und Starkregen auch in gemäßigten Zonen häufen – und sich Schädlinge und Pflanzenkrankheiten, die ursprünglich in anderen Klimazonen vorkommen, ausbreiten.

 

Das hat bereits heute Auswirkungen auf die Landwirtschaft: Deutsche Bauern fuhren 2020 zum dritten Mal in Folge weniger Ernte ein als im Durchschnitt der fünf Jahre zuvor.2 Die Gründe: im Winter zu nass, im Frühjahr viel zu trocken. Ein weiterer Anstieg der Durchschnittstemperaturen würde die Ernten weltweit weiter gefährden:

 

  • Bereits bei lokalen Temperaturanstiegen bis zu zwei Grad erwartet der Weltklimarat, dass die Ernteerträge der wichtigsten Getreidesorten (wie Weizen, Reis, Mais) in den gemäßigten Zonen deutlich zurückgehen3 – allein beim Mais um 31 Prozent.4

 

  • Bei einer Erwärmung um drei Grad werden in vielen Regionen besonders in Äquatornähe die Grenzen der Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft auf die Veränderungen durch den Klimawandel überschritten.5

 

  • Ein Temperaturanstieg um vier Grad würde die Ernährungssicherheit weltweit stark gefährden.6 Ein zentraler Faktor ist die weitere Verbreitung von Schädlingen: Sie würden bei jedem weiteren Grad zwischen 5 und 25 Prozent der wichtigsten Getreidesorten zerstören7 und besonders gemäßigte Zonen betreffen. Vor dem Hintergrund eines Anstiegs der Weltbevölkerung – in 30 Jahren muss die Landwirtschaft statt 7,6 Milliarden über 9,7 Milliarden Menschen ernähren8 und daher um 50 Prozent produktiver werden9 – erscheint die Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln wie die Quadratur des Kreises.

 

 

Doch Landwirte setzen mit Unterstützung von Wissenschaftlern und Forschern alles daran, unsere Ernährung auch unter den veränderten Bedingungen sicherzustellen. Zum einen helfen Landwirten Innovationen wie resistentere Sorten und digitale Lösungen, genügend Ernte zu erzielen. Zum anderen hat die Landwirtschaft einen großen Hebel, CO2-Emissionen zu reduzieren und so einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten.

 

 

Resistente Sorten und intelligente Bewässerung gegen Wetterextreme

 

„Der Klimawandel ist für die Landwirtschaft, die uns alle ernährt, eine große Herausforderung der Zukunft. Wir bei Bayer unterstützen Landwirte dabei, den Einfluss der Landwirtschaft auf den Klimawandel zu reduzieren und gleichzeitig Ernten zu sichern, die durch den Klimawandel gefährdet sind“, sagt Bärbel Hundt, die selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und heute als Nachhaltigkeitsexpertin bei Bayer arbeitet. 

A woman sitting on the floor in front of a glass wall.
Bärbel Hundt arbeitet als Nachhaltigkeitsexpertin bei Bayer. Zusammen mit Landwirten entwickelt sie nachhaltige Lösungen und digitale Tools, um den Klimawandel zu bremsen. 

Dabei spielt die Züchtung innovativer Saatgutsorten eine wichtige Rolle, um Ernten bei Wetterextremen wie Dürren, Starkregen oder Stürmen zu schützen.10 Forscher bei Bayer haben etwa einen Mais entwickelt, der durch kürzere Halme und tiefere Wurzeln weniger Angriffsfläche für Wind und Starkregen bietet als herkömmliche Sorten – und so Ernteausfälle verhindert. In einigen Teilen der Welt wird der Klimawandel dazu führen, dass es weniger zuverlässig regnet.11 Pflanzensorten, die Dürre und Trockenheit besser aushalten, können Landwirte unterstützen, dennoch sichere Ernten zu erzielen. Und Pflanzenschutzmittel helfen Landwirten, ihre Anbaukulturen gegen schädliche Insekten und Pilze, die sich wegen des Klimawandels in andere Regionen ausbreiten, zu schützen. In dieser Hinsicht war 2020 ein extremes Jahr: Durch den Klimawandel begünstigt hat eine Heuschreckenplage Länder in aller Welt befallen12 und Großteile der Ernten vernichtet. Ein anderer gefräßiger Schädling, der Herbst-Heerwurm, der ursprünglich in Südamerika heimisch ist, hat sich dank für ihn günstigen Bedingungen mittlerweile in mehr als 100 Ländern weltweit verbreitet.13 Innovationen sind dringend nötig, um Landwirte mit solchen Plagen nicht alleine zu lassen.

 

 

Mit digitalen Lösungen den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft verkleinern

 

Der effizientere Einsatz von Ressourcen mit Hilfe von digitalen Tools kann ebenfalls zum Schutz des Klimas beitragen. Um beispielsweise Wasser sparsam und gezielt einzusetzen, nutzen Landwirte intelligente Bewässerungssysteme. Diese teilen ihnen mit, wann Pflanzen wie viel Wasser benötigen. Dadurch wird nicht nur der Wasserverbrauch optimiert, sondern auch Energie und damit CO2 eingespart, denn es wird nur so viel Wasser gepumpt, wie tatsächlich nötig ist.

 

Zudem bietet die digitale Landwirtschaft weitere Möglichkeiten, nachhaltig zu handeln. „Wenn der Landwirt einen Sack Saatgut kauft, muss er ca. 40 verschiedene Entscheidungen treffen, unter anderem, wann und wie viel er düngt,“ erklärt Bärbel Hundt. Eine App, die Informationen über Bodeneigenschaften, Nährstoff-Versorgungsstufen und Nährstoffbedarf der Pflanzen in Abhängigkeit ihres Entwicklungsstadiums nutzt, zeigt ihm, wie er zum richtigen Zeitpunkt die optimale Menge Dünger verwendet. „Stickstoffdünger ist ein großer Treiber des Klimawandels. Mit der Hilfe von Algorithmen kann der Landwirt datenbasiert bessere und klimafreundlichere Entscheidungen treffen. Ich bin ein großer Fan der digitalen Landwirtschaft, denn sie sichert die Erträge und schont gleichzeitig die Umwelt.“ 

 

Mit resistenten Sorten, Pflanzenschutz, digitalen Lösungen und dem Einsatz nachhaltiger Praktiken kann die moderne Landwirtschaft bereits einiges tun, um die Auswirkungen des Klimawandels auf Ernten und damit auf unsere Lebensmittel zu begrenzen. 

 

Nachhaltigkeitsexpertin Bärbel erklärt, wie Landwirte zukünftig umweltschonender anbauen und gleichzeitig die Ernten sichern können.

 

Die Landwirtschaft als CO2-Senke

Landwirte können nicht nur ihre Treibhausgasemissionen reduzieren, sie können durch gutes Bodenmanagement sogar Kohlenstoff aus der Atmosphäre ziehen und in Form von Humus für lange Zeit im Boden speichern. Der Aufbau von Humus kommt nicht nur dem Klima zugute, er sorgt zum Beispiel auch für eine höhere Wasserspeicherkapazität des Bodens, sodass Landwirte mit der Zeit besser für Dürreperioden gerüstet sind. Der Anbau von Zwischenfrüchten und der Verzicht auf das Pflügen gehören zu „humusmehrenden“ Maßnahmen, die Bayer unterstützt.

 

Mit der „Bayer Carbon Initiative“ belohnt das Unternehmen seit Juni 2020 insgesamt 1200 Landwirte aus Brasilien und den USA, die mit klimafreundlichen Anbaumethoden sowohl ihren CO2-Fußabdruck verkleinern, als auch zum Humusaufbau auf ihren Flächen beitragen.  Bayer plant, das Programm auf Europa und Asien auszuweiten, um zum Beispiel in Asien mit maßgeschneiderten Methoden für Kleinbauern den Ausstoß von Methan beim Reisanbau zu verringern. 

 

Obwohl uns COVID-19 aktuell beschäftigt, stellen der Klimawandel und der Verlust von Biodiversität zweifelsfrei die größten Herausforderungen unserer Zeit dar. Die Pandemie zeigt uns gerade, dass wir nur gemeinsam und im Schulterschluss mit Wissenschaft und Forschung Lösungen finden können. Gleiches müssen wir auch beherzigen, wenn wir den Klimawandel bekämpfen – weit über die Landwirtschaft hinaus.

Weniger Verschwendung, weniger CO2

Neben Verbesserungen auf dem Feld steht auch der Transport der Nahrungsmittel im Fokus – nicht erst seit die Lieferketten durch Corona-Lockdowns und Grenzschließungen unterbrochen wurden. Biologen bei Bayer züchten zum Beispiel länger haltbare Tomatenpflanzen. Sie sind auch für lange Transportwege in Indien geeignet, wo bis zu 40 Prozent der Ernte unterwegs verloren gehen. Bei anderen Gemüsen und Früchten arbeitet Bayer gerade an ähnlichen Hybriden. Diese Innovationen schützen das Klima nachhaltig und bremsen den Klimawandel. Denn die Produktion von Lebensmitteln, die verloren gehen oder verschwendet werden, verursacht 8 Prozent der jährlichen Treibhausgase – viermal mehr als der globale Flugverkehr. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Die Emissionen tragen weiter zur Instabilität des Klimas bei und führen zu extremen Wetterbedingungen wie Überschwemmungen oder Dürren, durch die ganze Ernten vernichtet werden können. Weniger verschwendete Lebensmittel bedeuten also im doppelten Sinn weniger CO2.

6 Min. Lesedauer