Otto Bayer
Otto Bayer, dessen Namensverwandtschaft zur Gründerfamilie des Bayer-Konzerns rein zufällig ist, wird am 4. November 1902 in Frankfurt am Main geboren. In seiner Vaterstadt beginnt Bayer auch sein Studium der Chemie, das er 1924 mit dem Doktorexamen abschließt. Sein Lehrer und Doktorvater ist der berühmte Chemiker Julius von Braun, der ihm – nach einer zweijährigen Assistenzzeit – die erste Anstellung in einem industriellen Betrieb, den Cassella-Farbwerken der I.G. Farbenindustrie, vermittelt.
Nachdem Bayer erste kleine Forschungserfolge auf dem Gebiet der Küpen- und Schwefelfarben und bei der Lichtechtheit von Farbstoffen aufweisen kann, wird er 1931 überraschend zum Abteilungsvorstand ernannt. Bereits zwei Jahre später erfolgt ein weiterer unerwarteter Karriereschritt von noch größerer Tragweite. Er wird zu Bayer nach Leverkusen versetzt und dort zum Leiter des wissenschaftlichen Hauptlabors befördert. Obwohl Bayer zu diesem Zeitpunkt noch nicht 32 Jahre alt ist, gelingt es ihm, sich als jüngstes Mitglied im Forscherteam einen Namen zu machen.
In Leverkusen eröffnen sich ihm völlig neue Forschungsgebiete wie die Kautschukchemie, die Arzneimittelforschung und der Pflanzenschutz. Seine größten Erfolge feiert Bayer schließlich mit der Erfindung der Polyurethanchemie. Das Prinzip der Polyaddition mittels Diisocyanaten geht auf die Forschung Bayers zurück und stößt zunächst auf die große Skepsis seiner engsten Kollegen. Die Herstellung makromolekularer Strukturen ist zu diesem Zeitpunkt zwar ein zukunftsweisender und vielversprechender Forschungsbereich, doch die Grundidee Bayers, aus dem Mischen geringer Mengen chemischer Substanzen ausgehärtete Schaumgebilde entstehen zu lassen, gilt als nicht realisierbar. Nach vielen technischen Schwierigkeiten gelingt es Bayer schließlich Polyurethanschaum herzustellen. Es bedarf noch weiterer 10 Jahre Entwicklungszeit bis daraus „maßgeschneiderte Kunststoffe“ hergestellt werden können. Otto Bayer konnte über viele Jahre bis zu seinem Tod im Alter von fast 80 Jahren die Entwicklung dieser vielseitigen Werkstofffamilie mit beeinflussen.