Professor Stephen Powles
Herbizidresistenzen weltweit bekämpfen
Herbizidresistenzen sind weltweit eine Herausforderung. Über dieses Thema sprach Professor Stephen Powles, Leiter der Australian Herbicide Resistance Initiative, mit Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience.
Die AHRI ist eine führende Institution zur Erforschung von Herbizidresistenzen in Australien. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind nachhaltige Landwirtschaft und Unkrautkontrolle. Die Forschungstätigkeiten des Teams mit Sitz an der University of Western Australia reichen von der Erforschung der Biologie und Kontrolle der wichtigsten Unkrautspezies bis zur Entwicklung von Anbaustrategien und der Grundlagenforschung auf biochemischer und molekularer Ebene.
Liam Condon Unkräuter bedrohen die globale Lebensmittelversorgung und schädigen Nutzpflanzen, die eine Milliarde Menschen ernähren könnten. Durch Unkräuter entstehen weltweit Verluste, die schätzungsweise 13,2 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion ausmachen. Das entspricht jährlich mehr als 55 Milliarden Euro. Wir können Unkräuter zwar mit Herbiziden kontrollieren, doch die zunehmenden Herbizidresistenzen sind weltweit ein enormes Problem. Die Situation lässt sich nur mit einem ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz lösen – basierend auf Wissensaustausch, Zusammenarbeit und Innovation. Daher wollen wir bei Bayer mit führenden Wissenschaftlern und internationalen Institutionen neue Lösungen entwickeln, die die Landwirte weltweit bei der Bekämpfung herbizidresistenter Unkräuter unterstützen. Beispielsweise freuen wir uns, mit Ihnen, Steve, als international anerkanntem Herbizidexperten zusammenzuarbeiten. Sie und ihre Organisation, die Australian Herbicide Resistance Initiative (AHRI), sind für uns ideale Partner.
Stephen Powles Wir müssen sogar zusammenarbeiten, denn wir sitzen sozusagen im selben Boot. Doch auch für uns bietet die Zusammenarbeit mit Bayer viele Vorteile. Beispielsweise profitiert unser AHRI-Team vom Austausch mit dem Kompetenzzentrum für Unkrautresistenzen von Bayer in Frankfurt. Es hilft uns sehr, die Forschungskompetenz des jeweils anderen nutzen zu können. Es wäre undenkbar, all dieses Wissen im eigenen Land aufzubauen. Wir arbeiten sogar in einem vom Australian Research Council finanzierten Projekt zu den Mechanismen von Resistenzen, bei dem Bayer ein Partner ist. Zudem bieten Veranstaltungen wie das Weed Resistance Global Symposium ein Forum für Diskussionen über praxisnahe Lösungen für integriertes Unkrautmanagement.
Liam Condon Ja, dieser Erfahrungsaustausch ist wichtig, um Lösungen zu verbessern – und die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen. Das betrifft ja nicht nur die heutige Bevölkerung, sondern auch die bis zum Jahr 2050 erwarteten neun bis zehn Milliarden Menschen. Unkräuter sind echte Bedrohungen für die Ernten. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als ich das erste Mal das Unkraut ,Palmer Amaranth‘ auf einem Feld sah. Die Pflanze kann fünf Zentimeter pro Tag wachsen, eine Höhe von vier Metern erreichen und pro Anbauperiode 1,8 Millionen Samen ausstreuen. Welche Nutzpflanze könnte diesem starken Gegner standhalten?
Stephen Powles Korrekt. Seit etwa 10.000 Jahren machen uns Unkräuter die Nahrung streitig. Sie haben ihre Überlebensfähigkeit bereits bewiesen und trotzen den Bekämpfungsstrategien der Landwirte. Unsere neuen gemeinsamen Ansätze und Entscheidungen werden die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln beeinflussen. Unser Ziel lautet, mehr Lebensmittel durch weniger Unkräuter zu produzieren – aber auf nachhaltige Weise. Denn inzwischen haben wir eine der wichtigsten Lektionen gelernt: Herbizide sind hervorragende Instrumente im Unkrautmanagement. Sie sind effektiv, preiswert und lassen sich einfach anwenden, aber auch leicht übermäßig einsetzen! Mehrfach resistente Unkräuter führen uns vor Augen: Der alleinige Gebrauch von Herbiziden ist nicht nachhaltig. Das goldene Zeitalter, in dem sich die Kontrolle von Unkräutern einfach mit Herbiziden lösen ließ, ist vorbei. Wir können den Kampf nur gewinnen, wenn wir diese wertvollen Werkzeuge klüger einsetzen als in der Vergangenheit. Wir müssen eine Kombination aus chemischem und nicht chemischem Pflanzenschutz nutzen: etwa intelligente Fruchtfolgen, das Aussortieren von Unkrautsamen während der Ernte oder Möglichkeiten der digitalen Landwirtschaft. So lassen sich Resistenzen bekämpfen und Herbizide langfristig anwenden. Vielfalt ist der Schlüssel.
Liam Condon Ich stimme vollkommen zu. Die Vielfalt der Ansätze ist der Schlüssel, um Landwirtschaft nachhaltig betreiben zu können. Deshalb investieren wir jährlich mehr als eine Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung. Dabei konzentrieren wir uns auf unseren integrierten Werkzeugkasten mit chemischen und biologischen Pflanzenschutzmitteln, modernen Züchtungsmethoden und der Erforschung von Pflanzeneigenschaften. Wissenschaft und moderne Technologien wie die digitale Landwirtschaft spielen bei der Gestaltung der zukünftigen Agrarwirtschaft eine zentrale Rolle. Dank Lösungen der digitalen Landwirtschaft lernen Landwirte, was auf ihren Feldern passiert – und können Entscheidungen besser und schneller treffen. Präzise Daten, um Pflanzen in Echtzeit zu überwachen und die Bodengesundheit zu analysieren, sind Beispiele dafür, wie sich Entscheidungen erleichtern lassen. Sie helfen aber auch, die Nachhaltigkeit im Auge zu behalten. Wir sind begeistert von den Möglichkeiten, die diese neuen Technologien bieten.
Stephen Powles Das ist der richtige Ansatz. Verschiedene Techniken einzusetzen, ist der einzig nachhaltige Weg im Kampf gegen Resistenzen. Und diese Vielfalt erfordert auch mehr Kommunikation. Dass sich Landwirte, Industrie und wissenschaftliche Community vernetzen, verlangt sowohl konventionelle als auch neue Wege des Austauschs – etwa über soziale Medien. Unsere Forschungsergebnisse müssen über sämtliche Kommunikationskanäle an die Erzeuger, die Agrarindustrie, die Berater und die Wissenschaftsgemeinde verbreitet werden. Daher investieren wir in unserem Forschungsteam 30 Prozent unseres Budgets in Kommunikation.
Liam Condon Ein sehr guter Punkt. Unsere Branche investiert vermutlich noch zu wenig in Kommunikation. Doch der Kontakt mit der Öffentlichkeit und allen, die mit Landwirtschaft zu tun haben, ist ganz wesentlich. Bei Bayer legen wir einen großen Schwerpunkt auf einen weitgehend integrierten Medien-Mix – angefangen bei unserer Unternehmenspublikation Farming’s Future bis hin zu den Aktivitäten in digitalen und sozialen Medien sowie Bildungsansätzen. Wir wollen den gesellschaftlichen Dialog fördern und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es Innovationen und neuer Technologien bedarf.
Stephen Powles Ja, es ist unerlässlich, dass wir unsere Ergebnisse mit den Endanwendern teilen. Nur so können wir ein Bewusstsein für Herbizidresistenzen schaffen und Verhaltensänderungen anregen. Jeder spielt eine Rolle beim Umgang mit Resistenzen und der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung. Gemeinsam werden wir die Unkräuter besiegen – durch Wissenschaft, Technologie und ein Verständnis der evolutionären Prinzipien. Jetzt ist es Zeit zu handeln!
Die AHRI ist eine führende Institution zur Erforschung von Herbizidresistenzen in Australien. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind nachhaltige Landwirtschaft und Unkrautkontrolle. Die Forschungstätigkeiten des Teams mit Sitz an der University of Western Australia reichen von der Erforschung der Biologie und Kontrolle der wichtigsten Unkrautspezies bis zur Entwicklung von Anbaustrategien und der Grundlagenforschung auf biochemischer und molekularer Ebene.
Australian Herbicide Resistance Initiative