Arzneimittel

Wissenstour rund um Arzneimittel

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Viele Menschen sind regelmässig in der Apotheke und kaufen Arzneimittel. Womöglich haben Sie sich auch schon gefragt, welchen Prozess ein Medikament durchläuft, bevor es in der Apotheke erhältlich ist? Wie ein Medikament entwickelt wird? Und wie es um unerwünschte Wirkungen steht?

 

Diese Wissenstour gibt Ihnen verschiedene Informationen rund um Arzneimittel – Forschung und Entwicklung, Nutzen und Risiken, Packungsbeilage und Arzneimittelsicherheit – sowie Tipps zum Verständnis von Statistiken.

Vom Molekül zum Medikament  

 

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Bis ein Medikament zugelassen wird, dauert es rund 10 bis 16 Jahre. Wissenschaftler und Ärzte prüfen den Wirkstoff während dieser Zeit umfassend: im Labor, an freiwilligen Gesunden und an Tausenden Patienten, die freiwillig an klinischen Studien teilnehmen.

 

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Von rund 10'000 Substanzen, die umfassend untersucht werden, wird in der Regel nur ein Wirkstoff zur Zulassung eingereicht. Die Gesundheitsbehörden, in der Schweiz Swissmedic, beurteilen die umfangreichen Daten aus der vorklinischen und klinischen Entwicklung. Erst wenn Swissmedic das Medikament zulässt, steht es den Patienten zur Verfügung.
 

 

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Weitere Informationen zur Arzneimittelentwicklung finden Sie in der Broschüre "Vom Molekül zum Medikament" (PDF, 3,6 MB).


Weitere Informationen zur Zulassung von Medikamenten in der Schweiz erhalten Sie auf den Websiten von Swissmedic und Interpharma.

Preise, Rückerstattung und Kopierschutz von Arzneimitteln 

 

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Arzneimittel werden nach der Zulassung nicht automatisch von der Grundversicherung vergütet. Erstattet werden nur Medikamente, die auf der sogenannten Spezialitätenliste aufgeführt sind. Über die Aufnahme auf die Spezialitätenliste und den Preis entscheidet das Bundesamt für Gesundheit. Die Behörde legt die Arzneimittelpreise fest und überprüft diese regelmässig.

 

Für die Preisfestsetzung ermittelt das Bundesamt für Gesundheit den therapeutischen Quervergleich (TQV, Behandlungskosten bereits zugelassener Arzneimittel für dieselbe Krankheit) und den Auslandpreisvergleich (APV, Vergleich mit den Preisen in Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Schweden). TQV und APV werden gleichermassen gewichtet.

 

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite von Interpharma. Die Spezialitätenliste, das heisst eine Aufstellung aller kassenzulässigen Arzneimittel in der Schweiz, finden Sie hier.

 

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Patente sind ein unverzichtbarer Anreiz für Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Produkte und Technologien. Ein zeitlich begrenzter Schutz vor Nachahmung dient allen: Die Investition kann sich rentieren und die Innovation kann nach Ablauf der Schutzfrist von allen genutzt werden.

 

Die gesetzliche Patentlaufzeit beträgt 20 Jahre und beginnt bei Patentanmeldung – in der Regel vor der vorklinischen Phase. Bei Marktzulassung läuft der Patentschutz durchschnittlich nur noch acht Jahre. Nach Ablauf des Patents können Nachahmerprodukte, sogenannte Generika, auf den Markt kommen.
 

 

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Merkblatt "4 Dinge, die Sie vielleicht noch nicht über Patente wussten" (PDF, 158 KB).

 

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite von Interpharma.

Fakten zu Nutzen und Risiken 

 

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Ein Medikament kann nicht nur erwünschte, sondern auch unerwünschte Wirkungen im Körper verursachen. Aus diesem Grund werden die Medikamente gründlich geprüft und von den Gesundheitsbehörden nur zugelassen, wenn sie wirksam und gut verträglich sind.

 

Den grössten Teil der Entwicklungskosten von über einer Milliarde Schweizer Franken pro Arzneimittel investieren pharmazeutische Unternehmen in die klinische Prüfung der Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Wirkstoffs.
 


Nutzen und Risiken werden auch nach der Zulassung weiter analysiert und bewertet. Oft wird dabei die Wirksamkeit des Arzneimittels im „realen“ Praxisalltag untersucht. Für diese Beobachtungen wird gerne der englische Begriff Real World Evidence verwendet.

 

Klinische Studien mit oft eng gefassten Patientengruppen zeigen, dass ein Präparat „wirken kann“. Nach der Zulassung bleibt jedoch die Frage, wie das Arzneimittel bei den unterschiedlichen Patienten der „realen“ Welt wirkt. Real World Evidence kann diese Frage beantworten, da hierbei die Behandlungsergebnisse in der allgemeinen Bevölkerung abgebildet werden.

 

Real-World-Daten vervollständigen das Profil eines Arzneimittels, indem sie weitere Erkenntnisse zu Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten unter „realen“, uneingeschränkten Praxisbedingungen geben:

 

Klinische Studie   Real World Evidence


Genau vordefinierter Rahmen

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Therapieumfeld

„reale“ Praxisbedingungen

Kontrolliert (z.B. gegenüber Plazebo)

 

Randomisiert (zufällig der Gruppe mit Prüf-Wirkstoff bzw. Plazebo zugeteilt)

 

Verblindet (weder Arzt noch Patient kennt Zuteilung)

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Studienbedingungen

„offen“, nicht eingeschränkt
Homogen (anhand bestimmter Kriterien ausgewählt, z.B. nicht vorbehandelt, vorgegebene Altersgruppe)

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Patienten

Heterogen (ohne Auswahlkriterien, alle Patienten können eingeschlossen werden)


Mrwe.jpgerkblatt "Real World Evidence" (PDF, 465 KB)

Patienteninformationen zu einem Arzneimittel   

 

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Die Packungsbeilage informiert über den Anwendungsbereich (sogenannte Indikation), Dosierung, Wirkung, mögliche Wechsel- und unerwünschte Wirkungen sowie Vorsichtsmassnahmen. Unerwünschte Wirkungen im Zusammenhang mit der Medikamentenanwendung und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die Ärzte im Verlauf der klinischen Studien und nach der Zulassung beobachten, müssen in der Packungsbeilage aufgeführt sein. Aus diesem Grund kann eine Packungsbeilage ausführlich sein.

 

Die Packungsbeilagen folgen einem einheitlichen Schema, das die Gesundheitsbehörden vorgeben. Die Behörden prüfen und genehmigen die Packungsbeilagen. Alle Packungsbeilagen werden regelmässig überprüft und an den neusten Stand der Wissenschaft angepasst. Die folgenden Informationen geben Ihnen wichtige Hinweise zur Anwendung von Arzneimitteln.

 

Information Nr. 1

Halten Sie sich an die in der Packungsbeilage angegebene oder vom Arzt verschriebene Dosierung.

Die Dosierung – d.h. wie viel Sie von dem Medikament wie oft vor, während oder nach einer Mahlzeit einnehmen sollten – wurde in speziellen Dosisfindungsstudien sowie in klinischen Studien mit Hunderten oder Tausenden Patienten festgelegt.

 

Bei der optimalen Dosierung stehen gewünschte und mögliche unerwünschte Wirkungen in einem guten Verhältnis. Eine eigenmächtige Änderung der Dosierung kann die Wirkung des Medikaments beeinträchtigen und das Risiko unerwünschter Wirkungen erhöhen.

 

Information Nr. 2

Lesen Sie die Abschnitte über die Anwendungseinschränkungen, Vorsichtsmassnahmen und unerwünschten Wirkungen sorgfältig durch.

Die betreffenden Abschnitte erläutern, wann Sie das Medikament nicht anwenden oder nur unter ärztlicher Überwachung einnehmen sollten, zum Beispiel, wenn Sie auf einen der Inhaltsstoffe allergisch reagieren, eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion haben, gleichzeitig bestimmte andere Medikamente einnehmen oder wenn Sie schwanger sind.

 

Wenn Sie Fragen zur Packungsbeilage haben, besprechen Sie diese mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

 

Information Nr. 3

Nehmen Sie das Verfallsdatum und die Informationen zur Lagerung ernst.

Wenn die Milch sauer wird, kann man es riechen. Ein Medikament dagegen, das zu alt ist oder falsch gelagert wurde, sieht häufig unverändert aus. Aber es kann seine Wirksamkeit verloren haben oder in der Verwendung nicht mehr gut verträglich sein.

 

Wenn Sie ein Medikament neu kaufen, beachten Sie die Informationen zur Lagerung in der Packungsbeilage oder auf der Faltschachtel. Und bevor Sie es einnehmen, vergewissern Sie sich anhand des Haltbarkeitsdatums auf der Faltschachtel, dass das Arzneimittel nicht abgelaufen ist. Verwenden Sie Arzneimittel nicht, wenn sie abgelaufen sind oder Sie nicht wissen, ob sie korrekt gelagert wurden. Im Zweifel zeigen Sie das Medikament Ihrem Apotheker und fragen ihn um Rat.

 

Information Nr. 4

Informieren Sie sich, welche unerwünschten Wirkungen ein Arzneimittel haben kann.

Die Packungsbeilage führt die unerwünschten Wirkungen auf und gibt an, mit welcher Häufigkeit sie beobachtet wurden. „Häufig“ bedeutet: bei einem von zehn bis einem vom 100 Patienten. „Sehr seltene“ unerwünschte Wirkungen betreffen weniger als einen von 10‘000 Patienten.

 

Nehmen Sie ein Medikament ein, achten Sie darauf, ob eine der erwähnten unerwünschten Wirkungen oder andere ungewöhnliche Reaktionen auftreten. Sollten Sie irgendeine Beeinträchtigung Ihres Wohlbefindens während oder nach der Einnahme des Medikaments wahrnehmen, fragen Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker um Rat.

Interpretation von Zahlen zu Nutzen und Risiken   

 

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Statistische Angaben und insbesondere vermeintlich hohe Zahlen zum Risiko eines unerwünschten Ereignisses können verwirrend klingen. Ein Risiko beschreibt die Möglichkeit, dass ein unerwünschtes Ereignis eintritt. Es sagt nichts darüber aus, dass dieses Ereignis bei Ihnen eintreten wird.

 

Um Zahlen richtig einzuschätzen, ist der Zusammenhang wichtig. Und: Nicht jede dramatische Schlagzeile zum Thema Arzneimittel basiert auf gesicherten Fakten. Zwei Beispiele.

 

Beispiel 1

Die klinischen Daten zeigen, dass das Risiko bei Frauen 50% höher ist als bei Männern.

Kommt ganz drauf an. Der Satz vergleicht die Risiken zweier Gruppen von Personen miteinander. Wie viele Männer und Frauen tatsächlich betroffen sind, sagt er nicht. Bezieht sich der Satz beispielsweise auf drei Frauen und zwei Männer in einer Gruppe von zwei Millionen Menschen, ist die Gefahr relativ gering.

 

Beispiel 2

Statistisch tritt die Nebenwirkung bei 20% aller Patienten auf, die mit dem Medikament behandelt werden.

Der Satz sagt: Die Nebenwirkung tritt bei 20 von 100 Menschen auf, die das Medikament nehmen. Wenn Sie das Arzneimittel verwenden, beträgt Ihr Risiko 1 zu 5. In der Welt der Risikobewertung ist das eine relativ hohe Zahl. Nichtsdestotrotz: Bei der grossen Mehrheit von Patienten in diesem Beispiel – 80% – tritt die Nebenwirkung nicht auf.

Von der Dosierung zur unerwünschten Wirkung   

 

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Das beste Einnahmeschema zu finden, ist Teil der Arzneimittelentwicklung. Die Packungsbeilage nennt die empfohlene Dosierung (zum Beispiel eine Tablette dreimal am Tag).

 

Eine Dosierung eigenständig zu verändern, birgt Gefahren. Die Wirkung des Medikaments kann beeinträchtigt werden, und möglicherweise steigt das Risiko von unerwünschten Wirkungen. Wenn es Ihnen schwerfällt, das Medikament wie verschrieben einzunehmen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Er weiss, was zu tun ist, und kann Sie vielleicht auf andere Medikamente umstellen.

 

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Unerwünschte Wirkungen lassen sich nicht völlig vermeiden. Haben Sie den Eindruck, dass Sie an einer unerwünschten Wirkung leiden, kontaktieren Sie bitte umgehend Ihren Arzt oder Apotheker. Nur er kann Sie kompetent beraten und gegebenenfalls die Behandlung oder Dosierung anpassen.

 

Ihr Arzt und Apotheker ist verpflichtet, Nebenwirkungen der Gesundheitsbehörde – in der Schweiz Swissmedic – zu melden. Die gemeldeten Fälle werden sorgfältig bewertet. Es ist möglich, dass sich die Information später in der Packungsbeilage wiederfindet. Auch Patienten können unerwünschte Wirkungen melden.

 

Falls Sie eine Nebenwirkung oder eine Beanstandung zur Qualität melden wollen, kontaktieren Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker oder Swissmedic.
 

 

broschuere-pharmakovigilanz.jpgErfahren Sie in der Broschüre "Unsere Verantwortung für die Patientensicherheit" (PDF 539 KB) 

mehr über die Patientensicherheit bei Bayer und welchen Beitrag Sie leisten können

Fakten und Risiken von gefälschten Medikamenten 

 

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Gefälschte Arzneimittel werden nicht selten von professionellen Kriminellen hergestellt und von illegalen Onlineanbietern vertrieben. Arzneimittel-Nachbildungen können dem Originalprodukt zum Verwechseln ähnlich sehen. Die Gefahren für Ihre Gesundheit sind jedoch gross: Gefälschte Tabletten enthalten eventuell keinen Wirkstoff, eine falsche Dosierung, andere Inhaltsstoffe als angegeben oder sogar giftige Substanzen.

 

Der beste Schutz vor diesen Fälschungen: Kaufen Sie Arzneimittel nur von vertrauenswürdigen Anbietern. Wenn Sie unsicher sind, ob ein Medikament original oder eine Fälschung ist, verwenden Sie es unter keinen Umständen. Geben Sie es stattdessen Ihrem Arzt oder Apotheker, den Gesundheitsbehörden oder dem Hersteller zur Prüfung.

 

Weitere Informationen erhalten Sie auf den Webseiten von Interpharma oder des gemeinnützigen Vereins STOP PIRACY.
 

Checkliste für den nächsten Arztbesuch   

 

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Es lohnt sich, ein Arztgespräch vorzubereiten. Mit der folgenden Checkliste haben Sie die wichtigsten Punkte griffbereit. Machen Sie sich vorab Notizen, um alle Punkte mit Ihrem Arzt zu besprechen. Auch während des Gesprächs sollten Sie sich Notizen machen, damit keine wichtige Information verloren geht.

 

Sie können die Checkliste direkt online ausfüllen und ausdrucken oder herunterladen und Ihre Notizen von Hand eintragen. Aus Datenschutzgründen werden Ihre Eingaben nicht gespeichert.

 

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Checkliste herunterladen (PDF)

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